Hinweis: Das EPI-Labor ist vom 29. März bis 1. Mai 2024 geschlossen. Danach sind wir gerne wieder für Sie da.

Statuen aus Nephrit-Jade können mehrere Tonnen schwer sein.

Foto: K. Sieber, www.makrogalerie.de

 

In China ist »Jade« schon seit mindestens 5000 Jahren ein Begriff. Wegen seiner ganz besonderen Eigenschaft, zäh und widerstandsfähig zu sein, wie kein anderes damals bekanntes Material, wurde »Jade« nicht nur in Asien, sondern auch in Europa und Amerika zur Herstellung von Werkzeugen und Waffen verwendet. Mit der Zeit wurde das Material auch für Kunstobjekte (Vasen, Figuren) entdeckt und es begann sich vor allem in China ein regelrechter »Jade«-Kult zu entwickeln.

 

Als Wissenschaftler im 19. Jahrhundert die chemische Zusammensetzung von »Jade« untersuchten, entdeckten sie, dass in China mindestens zwei, völlig verschiedene Minerale als »Jade« in Umlauf waren: Zum Einen das Mineral Jadeit aus der Gruppe der Pyroxene. Zum Anderen, aus der Gruppe der Amphibole, fein verfilzt gewachsene Minerale der (Ferro-) Aktinolith - Tremolit Mischkristallreihe, die als »Nephrit« bezeichnet wurden.

Jadeit-Jade

Die Pyroxen-Gruppe umfasst zahlreiche Minerale, die teilweise oder vollständig miteinander mischbar sind.

Grafik: © EPI-Institut

Das Mineral Jadeit (chem. Formel: (Na,Al)Si2O6) ist in reiner Form farblos/weiß. Erst Beimengungen von Fremdelementen erzeugen die begehrten grünen, violetten oder gelben Farbtöne. Grüner Jadeit enthält immer Chrom, sehr oft Eisen und häufig Magnesium und Calcium in unterschiedlichen Anteilen. Diese Fremdelemente können nur eingelagert werden, indem sie das Natrium (Na) und/oder das Aluminium (Al) im Jadeit ersetzen. Diese "Substitution" genannte Ersetzung erfolgt nicht willkürlich. Chrom zum Beispiel ersetzt stets das Aluminium. Erfolgt diese Substitution vollständig, so haben wir ein anderes Mineral: den Kosmochlor (chem. Formel: (Na,Cr)Si2O6) . Jadeit und Kosmochlor sind beliebig miteinander mischbar. Sie bilden eine kontinuierliche Mischkristallreihe. Solche Mischkristallreihen gibt es auch zwischen Jadeit und Diopsid sowie zwischen Jadeit und Omphacit. Deshalb ist die Abgrenzung der genannten Mineralen nicht trivial.

Auch Omphacit und Kosmochlor sowie Kosmochlor und Diopsid bilden kontinuierliche Mischkristallreihen. Diopsid-Kosmochlor-Mischungen sind zum Beispiel als »Chrom-Diopsid« im Handel, Diopsid-Jadeit als »Mayait«. Omphacit bildet sich oft in metamorphen Eklogit-Gesteinen. Dabei kann auch Jadeit entstehen, durch die metamorphe Umwandlung von Albit-Feldspat. Beide Minerale können gleichzeitig nebeneinander vorkommen. Sie sehen: Die chemisch-mineralogische Betrachtung der Jadeitgruppe führt sehr schnell zur Verkomplizierung des Themas, hilft aber wenig bei der Frage: Was ist »Jade«?

Das Problem besteht darin, dass es den alten chinesischen Händlern möglicherweise gar nicht darauf ankam, aus WAS das Jade-Gestein ist, sondern WIE es ist. Westliche Wissenschaftler neigen dazu, den Begriff »Jade« über die Identität der Minerale zu definieren. Mit dieser Vorgehensweise verkompliziert sich die Grenzziehung zu "Nicht-Jade" Minerale innerhalb der jeweiligen Gruppe enorm.

relative Zähigkeit einiger Mineralien (nach Oliver, J.G., 1987)

Grafik: © EPI-Institut

»Jade« wird zwar oft mit "schöner grüner Stein" übersetzt. Was dabei aber verloren geht ist, dass dieser schöne grüne Stein eine bestimmte Eigenschaft braucht, damit er zu »Jade« wird. Und diese Eigenschaft ist die Zähigkeit. Zähigkeit ist ein Maß für die Widerstandsfähigkeit gegen Schlageinwirkung oder anders ausgedrückt ein Maß für die Bruchfestigkeit. Das Gegenteil davon wäre "Sprödigkeit".  

Zähigkeit darf nicht mit Härte verwechselt werden. Viele Minerale sind sehr hart, aber so spröde, dass sie unter dem Schlag eines Hammers sofort zerbersten. Nicht so echte »Jade«. Sie ist gegen Schläge extrem widerstandsfähig und wurde deshalb zunächst nur als Werkzeugmaterial verwendet. Zumindest legen steinzeitliche Funde nahe, dass »Jade« in erster Linie als Spaltwerkzeuge und für Waffen Verwendung fand und erst in späterer Zeit als Schmuck.

Auf der Suche nach Werkstoffen mit entsprechenden Eigenschaften stießen steinzeitliche Völker rund um den Globus auf immer die gleichen Materialien: Jadeit-Jade und Nephrit-Jade.

»Nephrite Jade«

Die alte, mit vielen Mythen umgebene, ursprüngliche chinesische Jade bestand aus Nephrit. Die in China am meisten geschätzte Farb-Varietät war früher die tremolitreiche, gelblich-weiße bis beige »Hammelfett Jade«. Die Gründe liegen wohl darin, dass Gelb die Farbe der chinesischen Kaiser war und Kunstgegenstände und Jadeschmuck in dieser Farbe als Glücksbringer galten. Erst später kam der aktinolithreichere, grüne Nephrit in Mode und dominierte bis ins 18. Jahrhundert den chinesischen Jademarkt. 

Auch in Europa wurde Nephrit für steinzeitliche Werkzeuge genutzt. In der Schweiz wurde noch bis Mitte des letzten Jahrhunderts der Puschlaver Nephrit abgebaut und zu kunsthandwerklichen Gegenstände verarbeitet. Er erlangte als »Schweizer Jade« einen gewissen Bekanntheitsgrad.

Ähnlich wie bei Jadeit führt auch bei der »Nephrite Jade« eine rein chemisch-mineralogische Herangehensweise zu keiner klar umgrenzten Definition. »Nephrite Jade« besteht in der Regel aus dem Mineral Aktinolith, welches in winzige Nadeln und Fasern gewachsen ist. Diese Fasern sind so miteinander verwoben, dass sie ein filzartiges Aggregat bilden. Doch Aktinolith kann auch in Form großer, gut kristallisierter Kristalle auftreten. Dann wird das Mineral jedoch nicht als »Nephrite Jade« bezeichnet, denn es fehlt ihm eine wichtige Eigenschaft: die ausgesprochen große Zähigkeit, die das Mineral nur in seiner filzigen Aggregatstruktur besitzt.

Grafik: © EPI-Institut

Erschwerend kommt noch hinzu, dass Aktinolith in seiner eisenreichen Variante Ferro-Aktionolith eine kontinuierliche Mischkristallreihe mit dem eisenfreien Mineral Tremolit bildet. Beide Minerale unterscheiden sich nur in ihrem Eisengehalt. Fehlt das Eisen oder ist es nur in Spuren vorhanden, so spricht man das Mineral als Tremolit an, bei mittleren Eisen-Gehalten als Aktinolith und bei größeren Eisengehalten als Ferro-Aktinolith. Der Streit darüber, wie viel Eisen eine Nephrit-Jade enthalten darf oder muss, damit der Name und damit seine Zuordnung zur Jadegruppe gerechtfertigt ist, ist unter Gemmologen schon seit Generationen im Gang. Er entflammt immer wieder auf's neue, sobald ein neues Material auf den Markt kommt, das den Namen »Nephrit« oder »Jade« für sich in Anspruch nimmt.

So zum Beispiel im Jahr 2002, als sogenannte "Nephrit-Katzenaugen" in grauen bis grau-grünen Farben auf den Mineralienbörsen auftauchten. Sie bestehen  hauptsächlich aus Tremolit, mit mehr oder minder großen Beimengungen von Aktinolith. Der Katzenaugeneffekt (Chatoyance) entsteht durch Lichtbrechung an feinen parallelen Tremolit/Aktinolith Fasern. Hier ist zwar die feinfaserige Struktur gegeben, nicht jedoch ihre verfilzte Ausbildung, die dem Material die Jade-Zähigkeit geben würde. Deshalb ist hier von Tremolit- oder Tremolit-Aktinolith-Katzenaugen zu sprechen, nicht jedoch von Nephrit-Katzenaugen.

Diese Beispiele sollen zeigen, dass der Begriff »Jade« auf chemisch-mineralogischem Wege nicht vollständig beschreibbar ist, wenn nicht auch die physikalischen Eigenschaften in die Betrachtungen mit einbezogen werden.

Fazit

Die traditionell Mineralogie kommt gut mit der physikalischen Eigenschaft der Härte zurecht. Schnell können anhand der Härte ein Rubin von einem roten Spinell und beide von einem Granat unterschieden werden. Die Zähigkeit eines Mineralaggregats oder eines Gesteins ist jedoch kein übliches Unterscheidungskriterium und wird deshalb bei der der Frage: "Was ist Jade?" oft vernachlässigt.

Literatur:
Oliver, J.G., Australian Gemmologist 16/8/1987: A review of jade in South Australia

 


Autor: Dipl.-Min. B. Bruder

© INSTITUT FÜR EDELSTEIN PRÜFUNG (EPI)

 

weitere Artikel zu diesem Thema:

 

Kommentar schreiben

Als Antwort auf Some User
 

Bisherige Kommentare:

Keine Kommentare