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Farblose Kunstharz Rissfüllung in einem Jaspis Trommelstein unter UV-Licht

Foto: K. Sieber, www.makrogalerie.de

 

Riss(ver)füllungen gehören zu den Eigenschaftsveränderungen, die die Verbesserung der Transparenz eines Steines oder der Schleiffähigkeit zum Ziel haben. Der Gebrauch von künstlichen Füll-Substanzen im und am Stein verbreitet sich immer mehr und hat ein Außmaß angenommen, das vor keiner Steinsorte mehr Halt macht.

 

Risse bilden sich vielfach schon bei der Entstehung der Steine. Besonders metamorph unter hohem Druck und/oder Temperatur entstandene Minerale wie z.B. Smaragd, Rubin und Saphir sind davon betroffen. Ein übriges tun die heutzutage üblichen Abbaumethoden, die auf schweres Gerät und der Anwendung von Sprengstoff basieren.

Luft und mineralische Verunreinigungen in den Rissen können die Transparenz und den Glanz dieser Steine erheblich beeinträchtigen. Ersetzt man diese Verunreinigungen durch farblose Substanzen, die eine ähnliche Lichtbrechung wie der Stein besitzen, so werden die Risse für das bloße Auge fast unsichtbar. Eine größere Transparenz erlaubt dem Licht, tiefer in den Stein einzudringen. Es legt einen längeren Weg zurück, bevor es den Stein wieder verlässt und erzeugt dadurch den Eindruck einer intensiveren Farbe. Risse und Ausbrüche hingegen stören den ungehemmten Strahlengang. Das Licht wird in alle Richtungen abgelenkt (gestreut), wodurch ein blasserer Farbeindruck entsteht.

Bei Smaragd ist die Verwendung von rissfüllenden Substanzen zum Standart geworden, aber auch bei Aquamarin, Quarz, Rubin und Saphir sehr verbreitet. Die Behandlung erfolgt in vier Schritten.

Zunächst müssen die Steine ausgiebig gereinigt werden. Besonders die Risse sollten frei sein von allen Verunreinigungen. Dies erreicht man am besten mit Lösungsmitteln wie z.B. Aceton, Alkohol oder Trichlormethan (Handelsbezeichnungen: "Attack", "Tri"). Hartnäckigere Verunreinigungen lassen sich mit Oxalsäure auflösen, mit "rauchender" konz. Salzsäure oder mit der stärksten bekannten Säure, dem Königswasser, das sogar Gold auflöst. Nach solch einer Säurekur müssen die Steine erst einmal neutralisiert werden, um allmähliche Farbveränderungen des Steins und Hautveränderungen des Kunden/der Kundin) zu vermeiden.

Rissfüllungen mit natürlichen Ölen und Harzen

Die solchermaßen vorbereiteten Steine können nun einfach in den gewünschten Ölen oder Harzen erwärmt werden. Durch die Wärmeausdehnung kann die Luft in den Rissen zum Teil entweichen. Beim Abkühlen ersetzt das Füllmittel die entfernte Luft und dringt in die Risse ein. Bessere Ergebnisse erzielt man allerdings mit einer Vakuumpumpe, mit deren Hilfe wesentlich mehr Luft aus den Rissen gezogen werden kann. Der Stein wird bei diesem Verfahren noch im Vakuum in das Öl oder Harz getaucht. Beim Wiederherstellen des normalen Luftdrucks wird dann das Öl/Harz in die Risse gepreßt. Mit dem abschließenden Reinigen und Wachsen der Steine (mit Bienenwachs, Vaseline oder Flüssigparaffin) ist der Prozess abgeschlossen.

Die Spanne der verwendeten natürlichen Harze und Öle reicht von Zedernholzöl über Kanadabalsam bis hin zu Pflanzenölen verschiedenster Herkunft. Öle sind relativ leicht löslich, trocknen aber auch rasch aus. Naturharze sind etwas resistenter gegen Austrocknung, jedoch neigen sie zu Volumenverlust. Durch den Schrumpfungsprozess werden die Risse allmählich wieder sichtbar.

Zedernholzöl ist eines der gängigsten Mittel zur Behandlung von Smaragden. Leider besitzt es die Eigenschaft, sich unter dem Einfluß von UV-Licht relativ rasch zu zersetzen und dabei Sauerstoff freisetzen, der im Extremfall die Farbe des Steins ausbleichen kann. Dieser Prozess setzt erst ein, wenn der Stein im Sonnenlicht getragen oder in sonnenbeschienenen Auslagen präsentiert wird.

Kanadabalsam (Abies balsamea), das aus der nordamerikanischen Balsamfichte gewonnen wird, ist nicht nur ein sehr beliebtes Mittel um Risse in Edelsteinen zu verbergen, sondern bei Geowissenschaftlern auch als Klebemittel für Dünnschliffe bekannt. Es ist in seiner Konsistenz dickflüssiger als Zedernholzöl und wird deshalb oft mit Toluol verdünnt, damit es tiefer in die Risse eindringen kann. Additive (Antioxi-dantien) können zwar den natürlichen Zersetzungsprozess verlangsamen, mit der Zeit vergilbt das Harz dennoch und verändert dadurch den Gesamtfarbeindruck des Steines.

Öl und Wachs dienen nicht nur als Rissfüller, um die Transparenz zu erhöhen, auch opake Steine werden geölt oder gewachst, um die Farbe zu intensivieren und den Glanz zu erhöhen. Dies funktioniert nach dem gleichen Prinzip, nach dem ein nasser Stein farbintensiver wirkt als ein trockener.

Rissfüllungen mit Kunstharzen

Anfang der 80er Jahren glaubte man den Nachteilen der natürlichen Harze entgehen zu können, indem man sie durch Kunstharze ersetzte.

Neben Füllmitteln und Klebern, die mit UV-Licht aushärten, kommen vor allem Epoxidharze zur Anwendung, dem Hauptbestandteil von Zwei-Komponenten Klebern. Sie sind unter den Namen Opticon, Palm Öl, Araldit oder Gemtrat weit verbreitet.

Das Mischen beider Komponenten (was zu einem zusätzlichen Klebeeffekt führen würde), erwies sich bei Edelsteinen jedoch als wenig ratsam. Der Härter beginnt sich schon nach einem Jahr zu zersetzen und wird gelb. Außerdem schäumt er im der Vakuum auf, wodurch eine gleichmäßige Rissfüllung verhindert wird. Man benutzt deshalb meist nur eine Komponente, die als zähes Harz im Riss haftet. Optional kann der Härter außen auf dem Stein verrieben werden, wodurch der Kleber an der Oberfläche aushärtet.

Die optische Wirkung von Kunstharz-Rissfüllungen ist die gleiche wie bei Naturharzen, die Hoffnungen auf eine unbegrenzte Haltbarkeit wurden jedoch enttäuscht. Heute wissen wir, daß sich auch Kunstharze langsam zersetzen. Opticon, das am häufigsten benutzte Epoxidharz, wird über die Jahre hinweg gelblich. Palm Öl (ein synthetisches Derivat von Epoxy 828 oder 6010) wird mit der Zeit milchig trüb.

Bei Smaragden weißen die Zeichen der Zeit deshalb wieder zurück zu den Wurzeln: Ölen ist wieder angesagt.

Deklaration

Die Behandlung mit farblosen Ölen oder Harzen ist übrigens nicht deklarationspflichtig. Bei Verwendung von Kunstharzen muß der Stein jedoch als "behandelt" bezeichnet werden. In den USA werden die Behandlungen zum Teil mit Buchstaben codiert (z.B. O = oiled; E = enhanced, wobei letzteres nichts anderes bedeutet als mit Kunstharz behandelt).

Durch die Behandlung mit Öl oder Kunstharz werden die Risse zwar für eine Weile verborgen, aber nicht beseitigt. Es besteht immer die Gefahr, daß der behandelte Stein  (z.B. beim Fassen) zerbricht, weil er im Grunde genommen in einem maroden Zustand ist. Darüber hinaus ist der erreichte Zustand nicht von langer Dauer.

Rissfüllungen mit Glas

Eine Behebung dieser Nachteile verspricht man sich durch eine  spezielle Technik, durch die offene Risse und Ausbrüche  im facettierten Stein mit Glas gefüllt werden. Es handelt sich bei diesem Glas jedoch nicht etwa um Fensterglas, sondern um eine erstarrte Schmelze von Substanzen, die bei der synthetischen Herstellung von Edelsteinen zur Anwendung kommt. Man nutzt dabei die Eigenschaft bestimmter Flußmittel wie z.B.  Lithiummolybdat und Kryolith, um die Edelsteinsubstanz etwas anzulösen. Bei der Solidifizierung der Schmelze verbindet sich das in Lösung gegangene Material des Edelsteins mit dem Flußmittel zu einem Glas und/oder kristallisiert als synthetischer Stein wieder aus.

Wegen diesem synthetischen Anteil stellen einige Gemmologen diese Art der Behandlung bereits auf die gleiche Stufe wie Edelsteine mit synthetischen Überzügen.

 


Autor: Dipl.-Min. B. Bruder

© INSTITUT FÜR EDELSTEIN PRÜFUNG (EPI)

 

 

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